Kreativwirtschaft

einfach lesenswert, einfach zum nachdenken

einfach lesenswert, einfach zum nachdenken

Die Zeit Online hat einen sehr guten Artikel über den viele nachdenken sollten. Egal ob kreativer Auftragnehmer, Auftraggeber oder einfach nur Hobby-Kreative.
Es gibt kaum eine Branche, wo mit leeren Versprechen Preise gedrückt werden wie in dieser. Aussagen wie „Wir haben derzeit kein Budget, brauchen das aber. Der nächste Auftrag wird dafür voll bezahlt.“. Nur den nächsten gibt es nicht. Oder „Machen Sie mir einen sehr guten Preis. Wenn es gut wird zeige ich es meinen Freunden und die kommen dann auch zu Ihnen.“ Falls wer kommt, dann kommen die, weil sie wissen man verschenkt seine Arbeitsleistung. Oder die Schmeichler, die letztendlich auch nur eine Gratis-Arbeitskraft suchen.
Besonders „amüsant“ war einmal eine Immobilienfirma, die an mich heran trat. Stolz präsentierten sie sich als Unternehmen, welches kein Objekt unter 750.000 € habe und dafür sehr gute Präsentationsfilme bräuchte. Klang interessant, hohe Preisklasse, regelmässige Aufträge, … bis wir zum Honorar kamen. Ein Film durfte nur 150 € kosten. Nein, kein Tipfehler. In Worten: „einhundertfünzig Euro„. Begründung: ihr Fotograf macht ihnen alle Bilder um 80,- €, ein Film darf natürlich(!) ein wenig mehr kosten. Habe Ihnen zu einer Kamera vom Elektronik-Markt geraten und selbst zu filmen. Vermute der Fotograf hat sich dann auch als Filmemacher versucht und ist mittlerweile pleite.
Aber auch Wettbewerbe a la 99Fire-Film-Award. Im Grunde lief es auf Gratis-Werbung für McDonalds raus. Nicht der kleine Greisler um’s Eck, der sich keinen Werbefilm leisten kann, sondern ein Weltkonzern kauft sich für ein lächerliches Preisgeld die Arbeitsleistung von tausenden.
Falls wer Facebook hat, hier ein Bericht vom ZDF dazu: https://www.facebook.com/heuteplus/videos/1915143951831177/?hc_location=ufi
In Wien greift das neue Hotel ROOMZ PRATER zu ähnlichen Mitteln. Sie wollen die Zimmer mit Fotografien ausstatten. Wollen sie dafür bezahlen? Nein. Also einfach einen Fotowettbewerb ausschreiben und die Gewinner erhalten die „Ehre“ eines nach ihnen benannten Hotelzimmers. Preisgeld? Wozu? „Ruhm und Ehre“ müssen reichen.
Früher hätten sie für eine derartige Ausstattung bezahlt, heute erhalten sie es gut getarnt gratis. Falls wer seine Arbeitsleistung verschenken will: ROOMZ PRATER
„Ruhm und Ehre“ bezahlen keine Rechnungen, auch die Leistungen von Musikern, Filmemachern, Cutter, Coloristen, Fotografen, Maler, Schriftstellern, … haben einen Wert.  Eine angemessene Bezahlung ist auch eine Frage der Wertschätzung und des Respekts.
Versucht das mal im Supermarkt: „Ich zahle nichts, aber wenn es mir schmeckt empfehle ich sie weiter.“ Oder beim Vermieter, Tankstelle, Stromlieferant, Elektrohändler, …
Es funktioniert wohl in der Wiener Gruft, aber dafür sind wir nicht in der Kreativbranche tätig, das sollte nicht unser Ziel sein. Wir sollten in der Lage sein, diesen Menschen zu helfen und nicht anderen, die es sich leisten könn(t)en, Geld zu sparen.
Aber wir sollten auch fair bleiben. Das Verhalten der Preisdrücker funktioniert ja nur, weil sie immer wieder Leute finden die es machen. Wir sollten also bei uns selbst anfangen. Was bin ich Wert?
Die wenigsten von uns werden einen Marktwert wie Hollywood-Stars haben. Der Name alleine wird keine Kassen klingeln lassen. Dennoch haben wir einen Wert und sollten uns deshalb nicht unter diesem Wert verkaufen.
Um diesen Wert im Zweifel festzustellen, sollte jeder seine monatlichen Lebenshaltungskosten plus eine kleine Reserve ausrechnen. Das wäre der Mindestwert, diesen sollte sich selbst jeder Wert sein. Sich von Rechnung zu Rechnung durchzukämpfen darf kein Dauerzustand sein. Sich billig zu verkaufen um einen Auftrag zu erhalten rettet vielleicht über das Monat, aber nicht aus der Situation. Im Gegenteil; „billig“ muss man noch mehr arbeiten, noch mehr Aufträge abschliessen und bleibt dann meist in der „Billigschiene“ gefangen.
Aber auch jene die aus ihrer Tätigkeit kein Einkommen erzielen müssen, sollten darüber nachdenken. Einerseits lassen sie sich ein Zusatzeinkommen entgehen, andererseits gefährden sie andere in ihrer Existenz, wenn sie ihre Arbeiten verschenken. Kreativwirtschaft nur mehr als Hobby für „Reiche“?
Ich weiss, es ist ein Kampf gegen Windmühlen. Irgend wer glaubt immer schlauer zu sein als alle anderen. Vielleicht sollten wir uns mehr an Wert, Wertschätzung und Respekt orientieren. Uns selbst, aber auch den Kollegen gegenüber. Anderen die selbe Wertschätzung entgegenbringen, die man auch für die eigene Arbeit erwartet, persönlich und finanziell.
Der folgende Artikel hat mich veranlasst selbst ein paar Worte zu verfassen. Bitte lest auch diesen … einfach zum nachdenken
http://www.zeit.de/2018/06/kreative-arbeit-honorar-schnorrer-einkommen

Harald Kalasek